Condor 96 Jahre Zweirad-Geschichte 
aus Heft MSS(Moto Sport Schweiz) 15 und 17/ 1990

Motorräder aus dem Jura
Condor: Der riesige der Greifvogel der in den peruanischen Anden zuhause ist, gab gab der mittlerweile fast ein Jahrhundert bestehenden Zweiradfirma im jurassischen Courfaivre seinen Namen. Der Ehemalige MSS-Schweizermeister-Mitarbeiter Jean Mesil hat die Geschichte der Condor-Werke für uns aufgezeichnet.

Wenn wir mit dieser Dokumentation über die Westschweizer Firma beginnen, so führt uns der Weg zuerst zu den Römern, dann nach Peru und schliesslich wieder zurück in den Jura. Und gleichzeitig wieder retour zu den Römern oder genau gesagt, zu den Italienern (Condor importiert heute bekanntlich die Cagiva-Modellpalette). Der Sitz der Condor-Werke befindet sich, wie die meisten wohl wissen im jurassischen Courfaivre. Früher hiess das lateinisch "Curtis Fabrorum" was soviel wie "Heimat der Arbeiter und der Schmiede" bedeutet. Und tatsächlich, man fabrizierte schon damals - nein, keine Motorräder - verschiedene Werkzeuge, vorallem zur Zeit der römischen Herrschaft. Die Gegend war und ist reich an Erzvorkommen, und bei Ausgrabungen fand man in der Nähe des heutigen Condor-Firmensitzes ein Grab aus dem 2. Jahrhundert nach Christus, das zahlreiche menschliche Überreste sowie - logischerweise besser erhaltene - Eisennägel enthielt (nein, letztere gehörten nicht zu einem verrotteten Holzvelo unserer Ururahnen...)

Seit 1865 liegen erste genauere Dokumentationen über die Gegend rund um Courfaivre vor. Von einem Uhrenatelier ist die Rede, dann wurden Sicherheitsnadeln und Holzschuhe produziert.

Der Tag X
Doch dann, am 1. Juni 1891, passierte Entscheidendes: An diesem Tag traf eine kleine, bunt zusammengewürfelte Karawane im Dorf ein, die auf zahlreichen Wagen diverse Maschinen und Unmengen von Mobiliar mitbrachte.

Chef dieser Truppe war Edouard Scheffer. Aus Frankreich stammend, wollte er hier seine Leidenschaft für die Mechanik so richtig ausleben. Dank einer fundierten Sachkenntnis und Erfahrung in Rationalisation und Werkzeug-Maschinen, und vor allem auch dank einer grossen, bereits bestehenden Kundschaft in unserem Land, schaffte er es, den damals herrschenden Schwierigkeiten am Zoll aus dem Weg zu gehen. Doch warum wählte er gerade Courfaivre? Zuerst einmal wegen dem Flüsschen Sorne, das (meistens, siehe unten...) die Energie für den Betrieb seiner Maschinen gewährleistete. Dann sicher auch wegen seiner Beziehungen zu Victor Donzelot aus Porrentruy. Der Uhren-Grossist stellte Scheffer ein grosses Gebäude an der Uferböschung der Sorne zur Verfügung.

Krieg...
Condor war bereits zu Zeiten des 1. Weltkrieges Ausrüster der Schweizer Armee und lieferte Velos und Motorräder. Die intensive Belastung ihrer Produkte durch den Kriegsdiensteinsatz zeigte auch diverse Mängel an den Fahrzeugen auf.  Im Condor Prospekt von 1920 führen die Konstrukteure fein säuberlich alle Beanstandungen durch die Armee auf (man stelle sich das mal heute vor!) und weisen darauf hin, dass die neuen Modelle diesbezügliche Verbesserungen besässen. Insbesondere seien weiterentwickelt worden: Der zu hohe und nicht genügend stabile Rahmen, die zu schwache Kupplung, die bei voller Zuladung beim Anfahren am Berg schlapp mache, der zu wenig stabil ausgeführte Gepäckträger sowie die instabilen Radnaben und Speichen....

Etwa zur gleichen Zeit tauchten in Frankreich und in England die ersten richtigen Velos auf. Scheffer interessierte sich brennend dafür, genauso wie sein mittlerweile ebenfalls nach Courfaivre gezogener Bruder Jules.Am 1. Juni 1893 begann dann die Schaffer-Brüder mit der eigentlichen Fabrikation von Fahrrädern unter ihrem Familiennnamen. Die Zweirad-Produktion im Jura hatte begonnen. Zwar noch ohne Motor, aber immerhin! Alles musste ganz von Grund auf angegangen werden. Arbeiter mussten ausgebildet werden, aus Stahlrohlingen musste jedes Einzelteil selbst hergestellt werden. Eine Zulieferbranche für Spezialteile war damals noch praktisch inexistent. Und auch die Natur hatte noch stärkeren Einfluss auf die Arbeitswelt (zumindest im engeren Sinn...) als heute: War es im Winter zu kalt, gefror das hydraulische Antriebsrad für alle Maschinen, waren die Sommer zu trocken und die Temperaturen zu hoch, führte die Sorne zu wenig Wasser, um besagtes Rad stark genug in Bewegung zu setzen.

Bescheidenheit
Mit grösster Bescheidenheit meinte Dunlop im eigenen Firmenblatt zu Beginn der 20er Jahre: "Hätte Dunlop den Ballon-Pneu nicht auch für Motorräder stetig weiterentwickelt, wäre es heute unmöglich, einen Soziusplatz auf einem Zwerad zu installieren. Denn ohne Ballonpneus wäre es auf dem Hintersitz nicht auszuhalten, denn das Hinterrad wird ja nicht gefedert. Einmal mehr hat also Dunlop Dienste im Dienste der Menschlichkeit gehandelt und hat gewichtig dazu beigetragen dass auch diejenigen auf Komfort nicht zu verzichten haben, die sich nur ein Motorrad leisten können."

Die Aera Condor
Zusammen mit einer tiefgreifenden Reorganisation der Firmenstruktur prägten zwei hauptereignisse die Jahrhundertwende in Courfaivre: Erstens die Übernahme des peruanischen Riesen-Greifvogels Condor als Signet und Firmenname, und zweitens der Entschluss des neuen Firmendirektors Otto Fricker, einen Motorradmotor mit 1,5 PS Leistung zu entwickeln!

Schon 1905 musste die Condor SA vergrössern. Auch die Energiequelle mustte ständig den neuen Bedingungen angepasst werden. 1903 mit einem ersten Benzinmotor, dann mit einem 12 PS Gas-Triebwerk. Die 1908 gebaute neue Fabrik erhielt zuerst einen 25 PS, dann sogar einen 40 PS-Motor. Bis dann die Elekrtrizität in Courfaivre Einzug hielt und somit andere Energiequellen erübrigte.

1. Weltkrieg:
Die Türen der Condor SA blieben vorerst geschlossen. Der Direktor und sein Personal waren unter die Fahnen gerufen worden! Doch schon wenige Wochen später konnte - unter schwierigen Bedingungen und vom Staat auferlegten Restriktionen - weiterproduziert werden. Hauptprobleme waren das Personal und die knappen Rohstoffe. Nach den Kriegen folgte die Inflation und die Überschwemmung des einheimischen Marktes durch ausländische Produkte - und vorallem die in Riesenschritten vorwärts eilende Technisierung und Rationalisierung der Arbeitsabläufe! Die Condors büssten dabei nichts von ihrer Dynamik ein und unternahmen grössere Anstrengungen, Werkzeuge und Maschinen auf modernem Niveau zu halten. Eine Verdreifachung der Betriebsgrösse in wenigen Jahren war das Resultat!

Otto Frickers Handschrift
Unter Otto Frickers Führung entstand 1901 also der erste Motorradmotor, mit 1,5 PS und bereits mit dem Namen Condor. Im Prinzip handelte es sich um ein verstärktes Fahrrad, mit einer einzigen Felgenbremse ausgestattet, ohne Federung vorne wie hinten, ohne Kupplung und ohne Gänge. Die Zündung funktionierte per Batterie und Zündspule. Mit dieser Maschine waren knapp 50 Stundenkilometer möglich, was den sportlich orientierten Fahrern schon bald nicht mehr genügte. Deshalb folgten schon bald ein 3 PS-Einzylinder und ein 5 PS-V-Zweizylinder, ein Spezialmotor mit stolzen 8 PS schlug 1908 sogar den für die Schweiz bestehenden Weltrekord!

Die erste Condor war äusserst schwerfällig und nicht ganz einfach zu bedienen. Deshalb wurde sie 1908 durch ein leichteres 1, 25 PS-Modell ersetzt, das zu einem grossen Verkaufserfolg wurde. Noch immer war kein Getriebe vorhanden, noch immer waren Fahrradpedale montiert (die bei den Steigungen sehr hilfreich waren, nachher half nur noch schieben...). Kurz vor dem 1. Weltkrieg wurden die Vorderradfederung und erstmals auch ein Getriebe eingebaut. Zuerst noch auf der Radnabe montiert, dann direkt am Motor angeblockt. Diese erste Getriebebox von 1915 besass zwei Gänge, die per Handhebel seitlich am Tank eingelegt werden mussten.

Fassen wir kurz zusammen, was bis jetzt in Courfaivre alles passiert ist, genauer wie die Zweirad-Industrie in der Schweiz entstanden ist. Zuerst fabrizierten die Römer Eisennägel, dann kam die Aera der Fahrräder unter den Brüdern Edouard und Jules Scheffer, und schliesslich 1901 unter der Führung von Otto Fricker die ersten Motorräder mit dem Namen Condor. In der Zeit des ersten Weltkrieges traten Probleme mit den Rohstoffen und mit dem Personal auf, trotzdem wurde die Produktion in reduziertem Masse weitergeführt. Dann, nach dem Krieg, folgte der Boom, sowohl für die Fahrräder wie für die Motorräder! Die Entwicklung führte zu kleinen, leichtgewichtigen Motorrädern, genau der Condor-Philosophie entsprechend. Es entstand die "Motochassis 250ccm" mit Dreigang-Getriebe, die in nicht weniger als 3000 Exemplaren gebaut und verkauft wurde!

Die Presse
Zitieren wir die Presse von 1924: "Sogar für die ausgesprochenen Sportmodelle erachtet es Condor nicht für nötig, die Ventile nach oben zu verlegen. Begründung: Bereits mit der konventionellen Ventilsteuerung habe man ein genügendes Drehzahlniveau erreicht, auch die vorhandene Leistung erübrige einen Wechsel des Ventiltriebs. Das ausgewogene Nockenwellenprofil, der Aluminiumkolben, die hohe Qualität des verwendeten Stahls würden dazu eine grosszügige Gewichtsverminderung wichtiger Motorenteile erlauben. Diese Massnahmen reichten aus, um auch die Fahrer zufrieden zu stellen, die im Sinne haben, sehr schnell zu fahren....."

45 Grad V-2
Es muss betont werden, dass nicht nur die Motoren, sondern das komplette Motorrad, also Tanks, Elektrik und Räder selbst gefertigt wurden, weil eigentliche Zulieferbranche noch nicht vorhanden war. Neben der 250 ccm-Maschine wurden noch grössere Zweiräder hergestellt, und zwar 500 ccm, 750 ccm und 1000 ccm-Maschinen, die allesamt über einen 45 Grad V 2-Motor verfügten. Diese wurden von der Motonacoche (MAG) bezogen.

Neben der Entwicklung der Fahrzeuge wurde auch der soziale Standard der Arbeiterschaft ständig der Zeitströmung angepasst. So gab es ab 1920 bezahlte Ferien, Weihnachts-Gratifikationen und Treueprämien bei 25- und 40jähriger Mitarbeit bei Condor (Gratifikation und eine Uhr). Jedes Jahr wurden Subventionen an die Schwestern des Krankenheims sowie an den Kinderhort ausgerichtet, es wurden Häuser für Arbeitnehmer gebaut, und nicht zuletzt wurden grosse Landstriche für die bäuerliche Bearbeitung zur Verfügung gestellt (gemäss dem "Wahlen-Plan", nachdem der gesamte fruchtbare Boden unseres Landes nutzbar gemacht werden sollte, um die Schweiz in agrarischer Hinsicht vom Ausland unabhängig zu machen).

Sportliche Erfolge
Klar, dass bei einem solch breiten Engagement auch der Sport nicht zu kurz kam. Erste Rennen wurden in der Ostschweiz ausgetragen (St. Gallen, Weinfelden und Arbon).

1906 legte eine Condor 10 Kilometer in sieben Minuten und sieben sekunden zurück (in Hardau/ZH), was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 80 km/h entspricht.

1915 gewann eine Condor in Genf das Rennen über einen Kilometer mit stehendem Start in der 250 ccm-Klasse mit 83 km/h Schnitt. Und 1916 gewann eine V2-Condor das Bergrennen Nyon-Saint-Cergue. 1917/18 fanden wegen des Krieges kaum Rennen statt, doch nachher ging's dann richtig los. Hier ein Auszug aus der Erfolgsliste der Condor-Renner:

Schweizermeisterschaft 1922 bis 1933:
250 ccm: Debutants: 5 Titel
250 ccm Experten: 7 Titel
350 ccm Experten: 5 Titel
500 ccm Experten: 2 Titel
750 ccm Experten: 1 Titel

Internationale Sechstagefahrten:
1920, 250 ccm: 1. Preis, J.Morand
1921, 250 ccm: 1. Preis, Ch. Clerc
1922, 250 ccm: 1. Preis, H. Dinkel
1922, 750 ccm: 1. Preis, J Morand

Grosser Preis der Schweiz
1922 in Joux: Heusser, 1. des Gesamtklassements
1923 in Genf: Dinkel, 1. bei den 250ern
1924 in Genf: Divorne, 1. bei den 250ern
1930 in Lugano: Hänni, 1. bei den 350ern

Regelmässigkeitsfahrt und Ausdauerprüfung Paris-Nizza
1923-33: 13 erste Preise bei den 250ern
1927: 1. Preis bei den 350ern (F. Dumont)
1925,1928: Sieger "Coup du President de la Republique" et Challenge international

Weitere Rennerfolge:
1927: GP von Österreich (Bergrennen), Divorne, 1. bei den 350ern
1932: GP von Deutsschland (Bergrennen), Hänni, 1. bei den 250ern, mit Streckenrekord

Die Liste liesse sich fast beliebig fortsetzen, Siege, Rekorde und Erfolge im Strassen- und Geländesport reihten sich fast nahtlos aneinander. Vor allem bei den Bergrennen gehörten die Condor mit ihren Fahrern immer zu den Favoriten.

In diesen erfolgreichen Jahren unterhielten die Leute aus Courfaivre beste Geschäftsbeziehungen mit ihrem Motorenlieferanten MAG aus Genf. Dann brach der zweite Weltkrieg aus und stellte alle bisherigen Entwicklungen in Frage.
Dazu die Presse vom 18 Juli 1953: "Die Schweizer Konkurrenten, davon die vier Vertreter der Marke Condor, starteten von Genf und fuhren folgende Strecke: Genf - Lausanne - Bern - Luzern - Zürich - Basel - Neuenburg - Jougne - Vesoul - Dijon - Lyon - Grenoble - Le Lautaret (Pass) - Briancon - Pässe von Vars und La Cayolle - La Vesubie - Turini Pass - Monaco. Das Wetter war höchst ungünstig und die Strassen durchlöchert. Einzig 58 der 139 Gestarteten erreichten Monaco ohne Strafpunkte. Darunter sechs Schweizer, mitbabei alle vier Condor-Piloten, die eine ausserordentliche Leistung erbrachten. Die Sonderprüfung vom Sonntagmorgen dezimierte die wenigen Übriggebliebenen. Der Topzustand ihrer Maschinen ermöglichte abermals eine Glanzdemonstration der Condor-Fahrer."

In der Hauptwertung eroberte Condor den 1., 2., 3., und 15. Rang, in der Reihenfolge Sangsue, Zimmermann, Flückiger und Roth. Die Markenchallenge, umkämpft von 10 Motormarken und ihren besten Piloten, ging definitiv an Condor (drei aufeinanderfolgende Siege 1951, 52 und 53). Der internationale Cup, die Gabe des Prinzen von Monaco, ging ebenfalls in die Schweiz dank Condors drei Siegen in Serie. Die Interclubwertung, von 17 Clubs bestritten, konnte somit Condor nicht entgehen, da alle vier Condor-Piloten dem Moto-Club Courfaivre angehörten."

Um diese Geschichte etwas zu würzen, noch ein paar Auszüge aus dem Reglement der "Trophee de Monaco"
- Sanktionen werden ergriffen gegen Piloten, die zu schnell durch Ortschaften preschen
- Die Hauptteile der Motorräder (Rahmen, Motor, Getriebe) dürfen ausschliesslich mit  Serienteilen geändert oder ausgewechselt werden
- Unter Andohung des Ausschlusses aus der Wertung müssen alle eingeschriebenen Motorräder wie folgt ausgerüstet werden: 2 wirksame Bremsen, unabhängig von einander funktionierend; 1 Kotschutzblech über jedem Rad; ein sehr wirkungsvoller Schalldämpfer (der Auspuff darf keinen Staub aufwirbeln!)
- Jede Nichtbeachtung wird bestraft, wenn nicht ganz durch Ausschluss, dann wenigstens durch Strafpunkte bei der Ankunft. (Zum Beispiel: Fehlen der Hupe: 3 Punkte; namhafte Unwirksamkeit des Schalldämpfers: 4 Punkte; Fehlen oder Nichtfunktionieren des Vorderlichtes: 1 Punkt)
- Obligatorische Durchschnittsgeschwindigkeit: 175 ccm; 45 km/h; 250 und 350 ccm: 50 km/h; über 350 ccm: 55 km/h; Seitenwagen: 50 km/h
-Die Motorräder der Kategorie Seitenwagen müssen mit einem Passagier belegt sein, dessen Minimalgewicht 60 kg betragen muss, gegebenenfalls mit Zusatzgewicht ergänzt. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass dieser weiblichen Geschlechts sein muss.

Hubert Sangsue, über seine Trainingsmethoden befragt, vertraut uns an: "Wir spuhlten täglich 550 km ab, zum Beispiel Courfaivre-Tiefencastel und zurück. Ohne Autobahn wohlverstanden. Wir nahmen etwas "Picknick" mit, Brot und Speck, welches wir gegen 2 Uhr morgens verzehrten. Manchmal schliefen wir fast entlang dem Zugersee ein. Dann fuhren wir die ganze Prüfungsstrecke von Monaco 14 Tage vor dem Rennen ab."

Über die finanziellen "Folgen" des ganzen Abenteuers: " Das war schon interessant, scheffelte man dabei ganze 2'000 Franken (verglichen mit 210 Franken Monatslohn schon beachtlich!). Aber was noch viel schöner war, das war die fürstliche Art, wie wir behandelt wurden. Die teuersten Hotels, die teuersten Festessen, die beinahe unerschwinglichen Taxis. Wiklich fürstlich!" Kein Wunder, dass Sangsue von seinen Freunden "Fürst von Monaco" genannt wurde!

Die Militärmotorräder
Die Robustheit und Zuverlässigkeit der Erzeugnisse aus Courfaivre machten die Condor als erste Wahl für unsere Armee interessant. Von 1940 bis 1978 wurden acht verschiedene Modelle zum Transport unserer wackeren Wehrmänner konstruiert, wechselweise mit Motoren von MAG, Universal, Condor und Ducati.

Warum wurde das letzte Modell mit einem ausländischen Ducati-Motor ausgerüstet? Raymond Schaller, der bisherige Verantwortliche für den Motorradsektor bei Condor, antwortet: "Das von der Armee freigegebene Budget war dermassen unter den möglichen Herstellungskosten unseres Prototypen, dass wir uns gezwungen sahen, uns an einen ausländischen Grosserienhersteller zu wenden".

Condor heute
Der Rest der Geschichte von Condor: Nach dem Erwerb der 350 ccm Motors folgte der Import der Einzylinder-Ducatis (250 + 350 ccm), Desmos, versteht sich. 1982/83 kauften die Brüder Castiglione die Harley (Ex-Aermacchi)-Werke in Italien und gründeten Cagiva. Dann übernahmen sie die gesamte Zweizylinderproduktion bei Ducati, damals noch Staatsunternehmen. Endlich 1985, verschluckte Cagiva das Werk Ducati gänzlich. Logisch, dass Condor nun die ganze Cagiva- und Ducati-Modellpalette importierte!

Condor, dessen Anpassungsfähigkeit schon immer bekannt war, hat sich den industriellen Zwängen und Öffnungen angepasst. So stellt man in Courfaivre auch ganze Flugzeuglandevorrichtungen, Panzerleitwerke, Industriemaschinen und so weiter her. Und nicht zu vergessen natürlich die seit 1893 ununterbrochene Fahrradproduktion!

Und die Zukunft
Die Geschäftsleitung ist optimistisch eingestellt gegenüber der Motorradzukunft in der Schweiz, da dieses Fahrzeug einen Aufwärtstrend als Freizeitgerät aufweist. Bis jetzt hat die Technik selbst den "strubsten" Anforderungen unseres Gesetzgebers folge leisten können. 

Erschienen: MSS (Moto Sport Schweiz) Nr.15/17 Jahr: 1990
Text: Jean Mesnil
Bilder: Archiv Condor



Heute.
Nach Ducati verliert das im jurassischen Courfaivre beheimatete Unternehmen Condor SA nun auch den Importauftrag des italienischen Motorradherstellers Cagiva. Auf Grund der grenznahen Lage des Cagiva-Werkes in Varese wollen die italienischen Verantwortlichen die rund 50 Schweizer Händler in Zukunft direkt beliefern. Die Condor SA wird sich künftig noch stärker auf die Betreuung von Militärmaschinen konzentrieren.